sv_III

Rückmeldung von Vinzenz nach Savoir Vivre III: Eine Mitspielerin sagte mir während des Experiments: „Ich hatte mir das mehr wie eine Schnitzeljagd vorgestellt.“ Darauf hin antwortete ich: „Das ist es ja auch. Nur, das wir wohl keinen Schatz, sondern mehr neue Erkenntnisse finden sollen.“ In diesem Sinne wollt vielleicht nicht nur ihr, die ihr die Experimentenreihe konzipiert habt, Erkenntnisse dazugewinnen und etwas verstehen, sondern auch wir die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollten etwas dazu lernen. Durch die versendeten Karten zum Beispiel von Paris, Stockholm und der Arktis, durch den Aufbau von Terrapolis und die den Karten angehängten Texten sollten wir vermutlich verstehen und sehen, dass Karten, wie so vieles im Leben nur einen Teil der sogenannten „Wahrheit“ darstellen. Oder wie ein Geschichtsprofessor von mir zu sagen pflegte: „Karten lügen.“ Trotzdem können wir im Alltag in der großen Stadt gar nicht anders, als uns auf die elektronischen Karten zu verlassen. Denn gerade die vielen bunten Symbole, die aber so gestaltet sind, dass wir sie schnell verstehen können, sollen dazu beitragen, dass wir die Übersicht nicht verlieren. Trotzdem kann es aber schnell dazu kommen, dass die Hilfswerkzeuge komplizierter werden, als das zu lösende Problem (den richtigen Weg zu finden, zum Beispiel). Das zeigten gut die versendeten Karten. Dadurch, dass wir uns in einer solchen Stadt bewegen, formen wir uns durch Wahrnehmung, Orientierungspunkte und Erinnerung eine eigene Karte im Kopf, die uns sicher durch die Stadt bringen kann. Doch letztlich können beide Kartensysteme auch bald versagen. Ich kann kein Netz für den Empfang einer virtuellen Karte haben. Oder sie zeigt mir nur eine gefilterte Darstellung meiner Umgebung und beeinflusst dadurch meine Wahrnehmung meiner Umgebung, sodass ich Details gar nicht mehr wahrnehme. Ich könnte zum Beispiel Häuser und Straßen als Rechtecke und Linien sehen, ich sehe aber nicht mehr die Bewegungen und persönlichen Geschichten, die hinter jedem Fenster zu finden sind. Ich sehe die Kneipe, weil sie auch auf der Karte eingezeichnet ist, kenne aber nicht die andere, die eine Straße weiter weg ist, da ihr Name nicht genannt wurde. Können virtuelle Karten unsere Wahrnehmung so sehr vereinfachen, dass wir eine Stadt nur noch sehen, aber nicht mehr hören, fühlen, schmecken? Und wenn sie mir den schnellsten Weg ausrechnet, was wird dann aus dem Spruch: „Umwege erweitern die Ortskenntnis.“?

Hier sind die per SMS versendeten Links zu den Karten zu finden:

Terrapolis [0]

treffpunkt savoir vivre III [1]
GitHub Village [2]
Super Mario XIV. [3]
Erasmusstudentin Istanbul [4]
Navigation ohne Sicht [5]
Coltan [6]
Schollen [7]
Sie und er kaufen ein [8]
backup [9]
Glashaus [10]
Siehst du das Meer? [11]
Ultimos Geschichte [12]
goodbye, hope to see you again! [13]